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Hintergrund

Was sind Anfallserkrankungen?

Bei Anfallserkrankungen treten Anfälle auf. Anfälle sind plötzlich beginnende gesundheitliche Beschwerden wie z. B. eine Bewusstseinsstörung. Eine besondere Form von Anfällen sind epileptische Anfälle. Etwa 5% aller Menschen erleiden einmal in ihrem Leben einen epileptischen Anfall, und etwa 1% aller Menschen hat eine Epilepsie mit wiederkehrenden epileptischen Anfällen. In Deutschland haben ca. 600 000 Menschen eine Epilepsie. Auch bei nicht-epileptischen Anfällen wie Ohnmachtsanfällen (Synkopen) oder psychogenen (dissoziativen) Anfällen kann das Bewusstsein gestört sein. Menschen mit epileptischen und nicht-epileptischen Anfällen sollten so früh wie möglich eine genaue Diagnose erhalten, damit die notwendige Behandlung begonnen werden kann.

Was sind Herausforderungen bei der Diagnose einer Anfallserkrankung?

Menschen mit Anfallserkrankungen haben zwischen ihren Anfällen normalerweise keine Beschwerden. Das ist eine Herausforderung für die Stellung der Diagnose, denn Anfälle werden nur selten direkt von der Ärztin oder dem Arzt beobachtet. Anfälle im Schlaf oder Anfälle mit sehr gering ausgeprägten Beschwerden bleiben oft unbemerkt. Daher nehmen Betroffene und Angehörige epileptische Anfälle oft nicht als solche wahr oder schildern Symptome, die nicht epileptisch sind. Diese Schwierigkeiten gelten auch für Menschen mit einer langjährig bekannten Epilepsie, denn auch hier können Anfälle unbemerkt bleiben, oder es ist unklar, ob alle Anfälle epileptisch sind. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte können die Hirnaktivität mit einem EEG untersuchen. Die Dauer dieser Untersuchung von üblicherweise 20 bis 60 Minuten ist aber oft zu kurz, um einen aussagekräftigen Befund für eine korrekte Diagnose zu erhalten.

Welche Diagnostik gibt es aktuell?

Die beste aktuell zur Verfügung stehende Diagnostik (“Goldstandard”) bei Anfallserkrankungen ist das Langzeit-Video-EEG. Hier werden EEG, EKG und Video gleichzeitig über mehrere Tage hinweg im Wachen und im Schlaf aufgezeichnet. Dies geschieht grundsätzlich im Krankenhaus (stationär). In Deutschland ist dies in der Regel nur in ausgewählten Epilepsiezentren möglich. Weil die Nachfrage hoch ist, kann die Wartezeit für ein Langzeit-Video-EEG mehrere Wochen oder sogar Monate andauern. Betroffene müssen unter Umständen weite Strecken zurücklegen, um stationär untersucht zu werden. Durch neue Technologien kann das Langzeit-Video-EEG inzwischen auch ambulant durchgeführt werden. Hier wollen wir ansetzen und mit ALVEEG die Versorgung von Menschen mit Anfallserkrankungen verbessern.

ALVEEG ist eine prospektive, multizentrische, randomisierte und kontrollierte Interventionsstudie. Hintergrund der Studie ist, dass Menschen mit Anfallserkrankungen in Deutschland häufig monatelang auf ein Langzeit-Video-EEG im Krankenhaus warten müssen. Dies kann die richtige Diagnose und damit unter Umständen eine notwendige Behandlung stark herauszögern. Durch neue Sensortechnologien und Datenauswertung unterstützt durch Künstliche Intelligenz ergeben sich hierbei neue Diagnostikansätze. Ziel des Projekts ist es daher, die Versorgung von Menschen mit Anfallserkrankungen durch einen Zugang zu Langzeit-Video-EEGs im eigenen Zuhause (= ambulant) zu verbessern.

ALVEEG richtet sich an Patientinnen und Patienten aller gesetzlichen Krankenkassen, die in den beteiligten Epilepsiezentren (Charité – Universitätsmedizin Berlin, Epilepsiezentrum Berlin-Brandenburg, Universitätsmedizin Dresden, Universitätsmedizin Greifswald, Epilepsiezentrum Kleinwachau) vorstellig werden und in den letzten 12 Monaten mindestens einen Anfall hatten oder an einer Epilepsie leiden.

Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen können bei Interesse ihre Patientinnen und Patienten einem der teilnehmenden Epilepsiezentren zum Zweck der Studienteilnahme zuweisen.

Damit das ambulante Langzeit-Video-EEG nach dem ALVEEG-Projekts Teil der Regelversorgung werden kann, muss es zuvor mit dem stationären Langzeit-Video-EEG (Goldstandard) verglichen werden. Wenn bei der Auswertung dieses Vergleichs herauskommt, dass das ambulante Langzeit-Video-EEG genauso gut ist wie das stationäre, können die Kosten möglicherweise regulär von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Um das Ergebnis nicht zu beeinflussen, werden Studienteilnehmende per Zufall (randomisiert) mit 50:50 Wahrscheinlichkeit entweder einer „Interventionsgruppe“ mit ambulantem Langzeit-Video-EEG (zuhause) oder einer „Kontrollgruppe“ mit stationärem Langzeit-Video-EEG (im Krankenhaus) zugeteilt. Die Ergebnisse beider Gruppen werden anschließend durch das Institut für Public Health der Charité – Universitätsmedizin Berlin ausgewertet und verglichen (Evaluation).
Eingeschlossen werden Patientinnen und Patienten von Januar 2024 bis Juni 2026.

Ausgeschlossen werden Patientinnen und Patienten mit epilepsiechirurgischer Operationsindikation, mit hohem psychosozialem Bedarf, Kinder jünger als 4 Jahre, Privatversicherte, Selbstzahler und Patientinnen und Patienten, die nicht einwilligungsfähig sind bzw. für die keine Einwilligung eines gesetzlichen Vertreters vorliegt. 

Charité Neurologie:
Bei Interesse am Einschluss in die Studie an der Charité bitte Kontaktaufnahme mit dem Studienteam per E-Mail über alveeg@charite.de. Weitere Informationen zur Anreise finden Sie hier: Charité_ALVEEG-Studie_2024

Charité Neuropädiatrie:
Bei Interesse am Einschluss in die Studie an der Charité für Kinder bitte Kontaktaufnahme mit dem Studienteam per E-Mail über alveeg@charite.de. Weitere Informationen zur Anreise finden Sie hier

Uniklinik Dresden:
Bei Interesse am Einschluss in die Studie an der Uniklinik Dresden bitte Kontaktaufnahme über die Epilepsieambulanz (Haus 27, 1. OG, Leitstelle F; Telefonnummer: 0351 458 3876; ambulanz.neurologie@ukdd.de). Weitere Informationen finden Sie hier: Flyer_Epi-Amb_Uni_Dresden

Uniklinik Greifswald:
Bei Interesse am Einschluss in die Studie im Epilepsiezentrum an der Uniklinik Greifswald bitte Kontaktaufnahme über das Studienbüro der Neurologie (Haus B, Raum-Nr. C.013, Telefonnummer 03834-86-6808). Weitere Informationen finden Sie hier

Kleinwachau:
Bei Interesse am Einschluss in die Studie im Epilepsiezentrum Kleinwachau bitte Kontaktaufnahme über die klinischen Studien (Fachkrankenhaus A, 3. OG, Zimmer 314; Telefonnummer: 03528 431 2510, studien@kleinwachau.de). Weitere Informationen finden Sie hier

Eigene Publikationen

Meisel C, Holtkamp M, Vock S. Ambulantes Langzeit-Video-EEG als neuer diagnostischer Ansatz in Deutschland: Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie. Nervenarzt 2022. https://doi.org/10.1007/s00115-022-01412-0.

Referenzstudien

Baheti, N.N., A. Radhakrishnan, and K. Radhakrishnan, “A critical appraisal on the utility of long-term video-EEG monitoring in older adults”, Epilepsy research, 2011. 97(1-2): p. 12-19. https://doi.org/10.1016/j.eplepsyres.2011.06.014

Brunnhuber et al. “Past, Present and Future of Home video-electroencephalographic telemetry: A review of the development of in-home video-electroencephalographic recordings”, Epilepsia. 2020; 00:1–8. https://doi.org/10.1111/epi.16578

Ghougassian, D.F., W. d’Souza, M.J. Cook, and T.J. O’Brien, “Evaluating the utility of inpatient video-EEG monitoring”, Epilepsia, 2004. 45(8): p. 928-32. https://doi.org/10.1111/j.0013-9580.2004.51003.x

Kandler R, Ponnusamy A, Wragg C. Video ambulatory EEG: A good alternative to inpatient video telemetry? Seizure 2017;47:66–70. https://doi.org/10.1016/j.seizure.2017.02.010

Willems LM, Baier H, Bien CG. Satisfaction with and reliability of in-hospital video-EEG monitoring systems in epilepsy diagnosis–A German multicenter experience. Clin Neurophysiol 2021;132:2317–22. https://doi.org/10.1016/j.clinph.2021.04.020

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Förderung

Gefördert wird das ALVEEG Projekt von Juli 2023 bis Juni 2026 durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) aus Mitteln des Innovationsfonds zur Förderung von neuen Versorgungsformen in Höhe von rund 5.6 Millionen Euro. Ziel der Förderung ist die Feststellung, ob das ambulante Langzeit-Video-EEG als neue Versorgungsform (§ 92a Abs. 1 SGB V) in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden kann.

Governance

Das ALVEEG-Projekt wird durch ein Konsortium geleitet. Konsortialführerin ist die Charité – Universitätsmedizin Berlin. Darüber hinaus besteht das Konsortium aus den klinischen Zentren Universitätsmedizin Dresden, Universitätsmedizin Greifswald und Epilepsiezentrum Kleinwachau, zudem aus den nicht-klinischen Partnern, dem evaluierenden Institut für Public Health der Charité sowie den gesetzlichen Krankenkassen BARMER, DAK-Gesundheit und Techniker Krankenkasse.